Was versteht man unter dem Konvergieren von IP und Optik?
Das Konvergieren von IP und Optik ist in der Branche kein neues Thema. Dennoch gelangt es durch die aktuelle Marktdynamik, die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer IP-Netzwerkmodernisierung und aufgrund von technologischen Innovationen bei Gesprächen über die Weiterentwicklung von Architekturen vermehrt in den Vordergrund.
Vom Standpunkt der Kommunikation her ändert sich das gesamte Umfeld derzeit grundlegend. Die Marktdynamik im Zusammenhang mit sich verändernden Unternehmensservices, 5G und der Cloud sowie die Konnektivität für Privathaushalte und Rechenzentren bringen neue Anwendungsfälle und interessante Möglichkeiten für das Umsatzwachstum von Serviceprovidern hervor. Der Privatanwender-Traffic verschiebt sich stark in Richtung Kleinbüro (Small Office Home Office, SOHO) sowie auf den Gaming- und E-Learning-Bereich. Unternehmen beschleunigen ihre digitale Transformation und wenden sich aus Kostengründen vermehrt virtualisierten Netzwerkfunktionen (VNF) und Cloud-Anwendungen wie Software-Defined WAN (SD-WAN) zu. Auch die Implementierung von 5G schreitet schnell voran. Dementsprechend prüfen die Provider ihre Möglichkeiten für xHaul-Upgrades und planen den Umstieg von 4G auf 5G.
Durch diese Marktdynamik verschiebt sich der Traffic in Richtung Edge. Aus Anwendungssicht bedeutet dies, dass die Rechenleistung nicht mehr zentral, sondern vielmehr dezentral vorgehalten werden muss. Anwendungen werden auch in Zukunft immer stärker virtualisiert und näher bei den Endbenutzern (Menschen und Maschinen) angesiedelt, um die Latenzzeiten zu verkürzen und die QoE zu verbessern. Dadurch müssen auch die Terminierungs- und Peering-Punkte für Cloud-Services näher an den Edge rücken. Viele Serviceprovider planen daher derzeit als On-Ramps für die Cloud aktiv die Schaffung neuer Access-Punkte im Metro- und Edge-Bereich. Außerdem prüfen sie den Einsatz neuer Technologien, damit sie für die Unterstützung neuer Datenverkehrsströme und die möglicherweise stark ansteigende Zahl neuer Services, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind, bereit sind.
Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung, um von diesen neuen Möglichkeiten profitieren zu können, ist ein treibender Faktor für die Modernisierung von IP-Netzen. Zu den Schlüsselelementen der IP-Modernisierung gehören die Weiterentwicklung der Access- und Aggregation-Netze von einer L2- hin zu einer L3-Infrastruktur, die Ausweitung der Control Plane auf Layer 3 auf den Access-Bereich und der Übergang hin zu einer vereinfachten Ende-zu-Ende-Servicebereitstellung mithilfe von Ethernet VPN (EVPN) für einzelne Services und Segment-Routing (SR) für einzelne Übertragungen. Ein weiterer wichtiger Aspekte, der derzeit geprüft wird, ist das Konvergieren von IP und Optik. Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab, dass 87 % der Provider konvergierte IP/Optik-Lösungen als wichtig oder sogar äußerst wichtig für ihre Netze der nächsten Generation bewerten.*
Beim Konvergieren von IP und Optik gibt es sowohl Hardware- als auch Softwareaspekte, von denen einige oder auch alle für eine Vereinfachung des Netzes genutzt werden können. Vom Standpunkt der Hardware aus erleichtern neue technologische Entwicklungen bei der kohärenten digitalen Signalverarbeitung (Digital Signal Processing, DSP) und die Miniaturisierung der elektrooptischen Komponenten die Integration der kohärenten Optik in Router-Plattformen. Dies geschieht mithilfe von kompakten kohärenten Steckelementen mit 100GbE und 400GbE und demselben Formfaktor wie jenem der kundenbezogenen Optik mit geringer Reichweite. Dabei gibt es zwei beliebte Formfaktoren:
- QSFP-DD für die Aggregation und den Transport mittels Ethernet mit hoher Kapazität ohne Auswirkung auf die Switch-Dichte der Router
- CFP2-DCO für höhere Leistung und einen einfachen Betrieb über bestehende ROADM-Infrastrukturen
Da die Optik in Zukunft mehr als 80 % der Router-Kosten ausmachen wird, müssen unbedingt kohärente Steckelemente ausgewählt werden, deren Kapazität und Leistung für den jeweiligen Anwendungsfall genau richtig dimensioniert sind.
Obwohl die physischen Abmessungen der kohärenten QSFP-DD-Steckelemente denen der 400GbE-Kundenoptik entsprechen, gibt es wichtige Unterschiede. Kohärente QSFP-DD-Steckelemente ermöglichen eine DWDM-Übertragung über große Distanzen sowie eine 60-fache Erhöhung der Glasfaserkapazität. Die Leistungsaufnahme liegt über 5 W höher, da für die fortschrittliche Modulation und die elektronische Kompensation von Schwächen im Zusammenhang mit der Ausbreitung eine technisch anspruchsvollere DSP zum Einsatz kommt. Aus diesen Grund können kohärente QSFP-DD-Steckelemente nur im Zusammenhang mit Routern eingesetzt werden, die spezifisch für die Unterstützung der zusätzlichen Wärmeableitung konzipiert wurden.
Beispiele für moderne Router und kohärente Steckelemente
Die 60-fache Erhöhung der Glasfaserkapazität kann allerdings nur erreicht werden, wenn das kohärente Steckelement mit einem geeigneten photonischen Leitungssystem kombiniert wird. Es muss daher ein geeignetes Leitungssystem ausgewählt werden, um zu den richtigen Kosten das richtige Maß an Flexibilität für den spezifischen Anwendungsfall im Netz gewährleisten zu können. Die in diesen Plattformen integrierte Intelligenz ist für eine Beschleunigung und Vereinfachung der Serviceinbetriebnahme sowie der betrieblichen Abläufe wichtig.
Vom Standpunkt der Software aus ist ein Eckpfeiler der Architekturen der nächsten Generation ein zentraler Multi-Layer-SDN-Controller, der eine Path Computation Engine (PCE) und fortschrittliche Netzwerkanwendungen bereitstellt. Funktionen für die Streaming-Telemetrie und Netzwerkanalyse müssen für die Unterstützung der PCE und eine Verbesserung des Betriebsverhaltens eingesetzt werden. Gemeinsam sorgen diese Merkmale für erweiterte Transparenz, Analysen und eine Serviceoptimierung sowie für eine automatisierte Pfadberechnung und Provisionierung. Ebenso benötigt werden offene APIs, damit Entwickler Zugang zu den Netzwerkfunktionen erhalten und schnell neue Services entwickeln und einführen können. Darüber hinaus ermöglichen sie auch den einfachen Zugriff und die Integration von Drittanbietergeräten, was für eine Implementierung in der Praxis unerlässlich ist. Schließlich erfordert das Konvergieren von Software ein entsprechendes Multi-Vendor- und Multi-Layer-Management sowie die Optimierung von Ressourcen über eine einheitliche Oberfläche, die Möglichkeiten für Planung, Fehlerkorrelation, Service-Resilienz und Kapazitätsoptimierung bietet.
Multi-Layer-Management und Ressourcenoptimierung über eine einheitliche Oberfläche
Wir gehen davon aus, dass das Konvergieren von IP und Optik für viele Serviceprovider ein strategisches Gesprächsthema bleiben wird, wenn sie die Vorteile dieser Weiterentwicklung der Architektur für sich bewerten. Ein kürzlich durchgeführte weltweite Umfange unter Serviceprovidern* ergab die folgenden drei Vorteile, die sich Serviceprovider durch das Konvergieren von IP und Optik versprechen:
- Strafferer Betrieb über den IP- und Optik-Layer (61 % der Befragten)
- Vollständiges Konvergieren von IP- und Optikfunktionen einschließlich einer gemeinsamen Control Plane (47 % der Befragten)
- Multi-Layer-Optimierung mithilfe von Softwareoptimierung bzw. -automatisierung (47 % der Befragten)
Der spezifische Weg hin zu einer konvergierten IP/Optik-Lösung und zur Realisierung der oben genannten Vorteile hängt vom aktuellen Zustand des Netzes des Serviceproviders und seiner Umgebung ab. Klar ist jedoch, dass das Konvergieren von IP und Optik in Zukunft bei der Modernisierung von IP-Netzen eine zentrale Rolle spielen wird, da es den Weg hin zu Netzen ebnet, die sich durch einen höheren Grad an Kosteneffizienz, Resilienz und Vereinheitlichung auszeichnen.
Der Ansatz von Ciena zum Konvergieren von IP und Optik basiert auf der Adaptive Network™-Vision. Am Anfang steht dort Adaptive IP™, eine automatisierte, offene und schlanke Lösung für eine zeitgemäße IP-Bereitstellung, in Kombination mit der kohärenten WaveLogic™ 5-Optik, die für die jeweiligen Anwendungsfälle optimiert werden kann, um so ganz spezifische Netzwerkanforderungen zu erfüllen. Das intelligente und selbstkonfigurierende photonische Underlay-Netz von Ciena ermöglicht das flexible Management des IP-Traffics, während Manage, Control and Plan (MCP) von Ciena sowie die Blue Planet®-Software Möglichkeiten für die intelligente Netzwerksteuerung bereitstellen, mit denen Multi-Layer- und Multi-Vendor-Operationen über einen offenen, cloud-nativen Ansatz vereinfacht und automatisiert werden können.
*Heavy Reading, “IP and Optical Convergence Survey”, Mai 2021, n = 220